Mein Beruf als Köchin wurde im Laufe meines Lebens zur Berufung. Ich liebe es, aus guten Grundprodukten ein duftendes, wohlschmeckendes, gesundes Essen zu zaubern und aus gesammelten Kräutern edle Naturprodukte zu kreieren.
Mein Name ist Margaretha Vötter ich bin 1962 geboren und lebe seit 1986 mit meinem Mann Rudi am Enzingerboden. Wir haben 2 Kinder und haben 30 Jahre den Alpengasthof Enzingerboden zusammen geführt. Seit Sommer 2020 ist dieser geschlossen, da eine Baustelle der ÖBB (Pumpkraftwerk Tauernmoos) im April begonnen hat und bis 2025 dauert.
Der Enzingerboden war früher eine große Alm. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand ein großes Wasserkraftwerk der ÖBB und im Zuge dessen wurde ein Stausee angelegt. Heute noch, ist unser Grundstück als „kleinste Alm (1ha) im Salzburger Land“ eingetragen.
Die Felder wurden nie gedüngt und teils Flächen nicht gemäht. Eine Vielfalt von Bergkräutern ist hier heimisch. Recherchen zufolge, gab es schon früher kräuterkundige Menschen am Enzingerboden, die das Wissen und den Reichtum der Natur schätzten und nutzten und damit ihren Mitmenschen halfen.
Würzende Heilkräuter und heilende Würzkräuter
Im Sommer sind direkt vorm Haus herrliche, wild wachsende Kräuter und Früchte anzufinden. Diese sammle und verarbeite ich dann zu Kräutersalz, Suppenwürze, Fruchtaufstrichen, Tee, Marmeladen, Sirup u.v.m.
8 Monate Winter und 4 Monate kalt
Die Faszination Wildkräuter begann vor vielen Jahren. Ihr müsst wissen, als Wirtin hatte ich nur sehr wenig, bis gar keine Zeit zum „garteln“. Als ich 1986 auf den Enzingerboden kam, sagte meine Schwiegermutter (die mit ihrem Mann 1970 den Betrieb Alpengasthof Enzingerboden gekauft hatte) zu mir: „Am Enzingerboden ist es 8 Monate Winter und 4 Monate kalt. Alles was hier wächst ist dreifachkonzentriert.“
Sie erzählte mir, als sie hier her zog und einen kleinen Garten mit Blumen, Schnittlauch, Karotten und Salat anlegte, kam die Nachbarin und sagte: „Gu Mariel, da brauchst nix setzen, da woxt eh nix!“ Trotzdem ließ sie sich nicht abbringen und versuchte doch das Eine oder Andere zu pflanzen – mit Erfolg.
Von meiner Mutter, der Peilberg Gretl, wusste ich vom Umgang mit dem Mondkalender. Auch meine Schwiegermutter richtete sich nach diesem. Man sollte wissen, dass es verschiedene Mondkalender gibt, die leider nicht immer übereinstimmen. Ich habe mir meinen eigenen Mondkalender kreiert, indem ich jenen von Maria Thun und Johanna Paungger kombiniere. Ich persönlich finde diese Beiden am zutreffendsten. Sie stimmen zwar nicht ganz überein, aber so habe ich wenigstens ein bisschen „Spazie“. Wenn beide z.B. Fisch- oder Jungfrau Tage angeben, koche ich keine Marmelade ein, denn an solchen Tagen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Farbe nicht schön wird und die Marmelade zu schimmeln anfängt. Auch das Brotbacken an diesen Tagen hat sich nicht bewährt, da das Brot nicht so schön ‚aufgeht’ und der Geschmack auch anders ist, als wie z.B. an Fruchttagen.
Da die Ernte gering und der Zeitaufwand für den Garten zu hoch war, habe ich mich intensiv mit den wildwachsenden Kräutern beschäftigt. Noch vor ca. 15 Jahren war ich fast die Einzige, die sich dafür interessierte – zumindest hat es sich für mich so angefühlt. Es hieß immer: „Ja früher hat man dieses Kraut für diese und jene Krankheiten genommen, aber jetzt hat es eigentlich keine Bedeutung mehr.“ Ich dachte mir nur: „Wenn die Kräuter früher geholfen haben, warum sollte ihre Kraft jetzt verloren gegangen sein?“ Ich lies mich nicht von meiner Liebe zu diesen Kräutern abbringen und habe viele Bücher, die mir zu diesem Thema in die Hände fielen, wissbegierig gelesen.
Die Wildpflanzen sind nämlich immer da, bei jeder Witterung, von April bis spät in den Herbst. Am Vormittag ist der erste Weg hinaus auf die Wiese, um Blüten und Kräuter für Kräuterlimonade, Aufstriche und Tee zu sammeln. Ich freue mich über jedes Kräuterl, über jede Blüte. Es fühlt sich an, als würden sie mich von allen Seiten anlachen und sagen: „Hallo da sind wir, treu zu diensten.“
Heilkräuter vom Enzingerboden
Das Kräutersammeln ist für mich ein Ritual und auch Entspannung, ein Abschalten vom Alltagsstress. Die Achtung und Wertschätzung vor der Natur ist sehr groß. Ich kann vor dem Gang in die Natur nie genau sagen, was ich sammeln will. Wenn ich „nur“ um ein Kräuterl raus gehe, komme ich meistens mit einem ganzen Korb voll verschiedener Kräuter zurück. Oft ist der Korb, den ich mithabe, zu klein. Ich hab das Gefühl, dass so viele Kräuter rufen: „Nimm mich mit, mich auch…“. Alles gut und schön, das Einzige das mich aufhören lässt, ist die Tatsache, dass diese wertvollen Geschöpfe auch noch verarbeitet werden müssen. Und das braucht oft mehr Zeit, als das Sammeln. 🙂